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::: Marokko :::

MAGISCHER MAGHREB

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Abstecher in ein Königreich der Vielfalt, mit seinen Wüsten und Küsten, Bergen und Berbern. Von Marrakesch über den Hohen Atlas an den Rand der Sahara.

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(In gekürzter Form erschienen im Hin&Weg Reisemagazin, 2017)

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Die Reise beginnt an der nordwestlichen Kante des afrikanischen Kontinents. Gerade ist mein Flieger über Tanger gekreist, der weißen Stadt zwischen zwei Meeren.

Das Fenster gibt den Blick nach Norden frei, wo noch der orange und grüne Zacken des spanischen Estrecho zu sehen ist. Links das nichtendenwollende Tiefblau des Atlantik, rechts die etwas hellere und sanftere Weite des Mittelmeeres. Dazwischen die vom Zusammenfluss beider Meere turbulent aufgewirbelte Straße von Gibraltar, die sich zwischen den mythischen Säulen des Herakles spannt. Die „Säulen“, das sind zwei Berge: der Felsen von Gibraltar und der Jebel Musa, westlich der spanischen Enklave Ceuta.

Wie eine harmlose Spielzeugstadt sieht Tanger von hier oben aus – von Palmen gesäumt und mit Fischerbooten, die auf der Dünung zu Füßen der Stadtmauern schaukeln. Nur: Tanger ist alles andere als harmlos, vor allem das Hafenviertel ist ungemein stressig und laut. Ich bin nur kurz hier, weil ich an einer Geschichte über den englischen Antiquitätenhändler und Wahl-Tangerino Christopher Gibbs arbeite und weil es ein paar Orte gibt, die tatsächlich besuchenswert sind, rund um diese berühmte, leicht verruchte Stadt.
Eine Stadt, die immer schon Magnet war für fahrendes Volk aus dem gesamten Mittelmeerraum: Händler, Seeleute, Huren, Fremdenlegionäre, Spione, Dealer, Flaneure, Expats, Millionäre mit Sinn für dekadente Schönheit, Lebenskünstler und Literaten wie Paul und Jane Bowles, Truman Capote, Tennessee Williams, Jack Kerouac und William S. Burroughs.

Tanger als Reiseziel für Familien ist nicht unbedingt empfehlenswert – wer jedoch in die Internationale Zone Tanger mit Sinn für Abenteuer eintritt, wird diese Stadt wahrscheinlich sogar lieben lernen. Und wer sich in Tanger eine Nacht in einem wirklich schönen Traditionshotel leisten möchte, ist beim El Minzah an der richtigen Adresse. Schon das steinerne Eingangstor lädt zu eleganter Weltläufigkeit und dahinter, in den Arkadengängen mit ihren lässig geschwungenen Bögen, tatsächlich zu friedvoller Stille. Das Plätschern der Springbrunnen, die exquisite Einrichtung und die gepflegte Pool-Landschaft schirmen den Gast ab. Frisch in Tanger eingetroffen, ist das El Minzah ein idealer Buffer zwischen dem schallgedämpften, hochmodernen Europa und dem lautstarken Treiben Tangers.

Ein Wahrzeichen der Stadt ist mir einen Besuch wert: der Leuchtturm von Kap Spartel, der am nordwestlichsten Punkt Afrikas steht, direkt über der Grotte des Herakles. Dramatische Lichtstimmungen, der salzige, wild die Richtungen wechselnde Wind und die diesige Weite des Atlantik: All das macht den Leuchtturm mit seinem schmucken kleinen Palmenhain zum perfekten Ort, um über Marokko zu reflektieren: Das Land zwischen den Kulturen Afrikas, Arabiens und Europas, genannt Maghreb-el-Aqsa, der „Okkzident des Orients.“

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Wegweiser zwischen zwei Meeren und zwei Kontinenten: Der Leuchtturm von Kap Spatel

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Marokko liegt zwar westlicher als Paris, doch ist es kulturell und atmosphärisch gesehen reinster Orient, Architektur und Küche maurisch geprägt und dabei nur einen Katzensprung von Europa entfernt. Auch ist es ein Königreich der landschaftlichen Vielfalt zwischen hohen Bergen, grünem Ackerland, Küsten und Wüsten. Benannt ist Marokko nach einer seiner attraktivsten Städte: Marrakesch, nur eine Tagesreise im Bus von Tanger entfernt. Dorthin zieht es mich als nächstes.

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Taxi in die Medina von Marrakesch. Dass der Peugeot älter ist als ich, stört mich nicht im Geringsten. Am Rückspiegel baumeln arabische Fahrtauglichkeitsdiplome oder sind das Koranverse? Die Innenseiten der Türen sind mit sonnengebleichten Plastiktapeten ausgekleistert, auf denen sich sämtliche Spielarten von Dackeln, Möpsen und Pekinesen tummeln. Auf der Straße tummelt sich auch so einiges: Mopeds mit eins bis vier Personen im Alter von acht bis achtundachtzig, wehende Schleier, permanente Musikbeschallung von überall her, generelle Freude an der motorisierten Bewegung im Abendrot.
Fahrspuren sind hier nur Richtlinien, Tempolimits bloß Annäherungswerte, überholt wird über der Sperrlinie, kommuniziert mit Hupen. Mein Mann am Steuer scheint die Dimensionen seines Wagens auf den Millimeter genau zu kennen. Wenn er nicht flucht, schweigt er. Ich frage ihn auf französisch, ob er Hunde gern mag, wegen der Innendekoration. Seine Antwort wird begleitet vom ironischem Blick im Rückspiegel: „Nur wenn sie schlafen!“ Ich beschließe, sie nicht zu wecken und sinke zurück in den burgunderfarbenen Plüsch von 1983.

Am Eingang zur Medina mache ich meine ersten Erfahrungen beim Überqueren eines maghrebinischen Zebrastreifens auf einer großen Avenue. Strenge Lalas und bärtige Hadjis machen vor wie’s geht: Nämlich einfach drauf los. Moped-Hazardeure und Lieferwagen-Stuntfahrer bleiben zwar nicht stehen, aber dafür sind sie geschult im Slalom, Ingemar Stenmark-Stil. Auch die Fußgänger. Sie fließen aneinander vorbei. Kollisionen gibt es keine, höchstens ein Anstreifen an Schultern oder Hüften. Dazu tausendundein Blicke: Gierige und neugierige, heiße und eiskalte, hungrige und gesättigte. Schreien, Lachen, Singen allerorts.

Ich finde schließlich ein kleines, aber feines Hotel in einer engen Gasse unweit des großen Hauptplatzes. Central Palace heißt es. Erst als ich nach dem Einchecken am Dach über dem Innenhof stehe, verstehe ich warum. Drei Stockwerke über einem Riad mit kunstvoll geschmiedeten Eisentischen, Springbrunnen, Palmen, schlafenden Katzen auf schwarzen Lederfauteuils und ein wahrer Rausch an Mosaiken. Internationales Publikum, Travellerfamilien mit Kleinkindern, die schon im Vorschulalter ein paar schöne Ecken der Welt gesehen haben und freundliches Personal. 150 Dirham pro Nacht und Nase, Klo und Dusche am Gang, Frühstück auf der Terrasse mit Blick über die Stadt. Flach ist sie und läge sie nicht in der Wüste, sondern an einem Fluss, müsste man sie als lachsrosa beschreiben.

In der Nacht lasse ich mich durch die Gassen und Straßen treiben. Ich habe auf dem Dach Lust dazu bekommen, Teil des bunten Fischschwarms zu werden. In Italien nennt man so was Corso, hier ist es eine endlose Rush Hour des Sehens und Gesehenwerdens, oft auch ein angestarrt und angequatscht werden. Zwei bunten Berbermusikern habe ich es angetan. Sie wollen meine Freunde sein. Sind sie ja schon. Freundschaftsgebühr: 20 DH. Das geht ja noch. Der andere will aber auch noch mal 20, oder besser gleich 50 DH, denn er hat fünf behinderte Kinder zu Hause, sagt er, daheim im Berberland. Die 50 DH gebe ich einer alten Frau, die aussieht wie die bayrische Schauspielerin Ruth Drexel nach drei Jahren Solarium und dann klinke ich mich wieder in den Strom ein.

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Tausend und eine Nacht: Am Djemma el-Fna wird dem Reisenden nicht so schnell langweilig. Hungrig bleibt man auch nicht lange, dank der Vielfalt und Köstlichkeit der frisch gebratenen Gerichte an den Ständen      ©wiki / commons

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Der folgende Morgen führt mich in die Soukhs, das überdachte Bazaarviertel mit seinen vertikalen, staubflimmernden Lichtstäben: Labyrinthe aus Gässchen, Irrgärten aus Menschen. Aromen, Gerüche, Gestank in schnellem Wechsel. Selbst mit geschlossenen Augen würde ich hier Farben sehen. Gelb und süß wie Mandel-Couscous, rotbraun und warm wie Zimt, giftgrün und erfrischend wie Limetten, schwarz und aasig wie verdorbenes Fleisch.

Dann wieder die offene Weite des Djemaa el-Fna, des „Platzes der Enthaupteten“, dem größten Marktplatz Afrikas. Dichte Rauschwaden von geschmortem Lamm, gegrilltem Fisch und gebratenem Huhn wabern über ihn hinweg. Hier ist jeden Abend Party und alle sind sie da: Marktleute, Musiker, Affendompteure und Schlangenbeschwörer. Das Stimmenmeer in den Straßen blinkt und glitzert: Dinge, die gesagt, Geschichten, die erzählt, Lieder, die gesungen werden wollen. Und alles in seiner Zeit, nur keine Hast, sondern kollektive Entspanntheit. Hu’drattek! Take your time!

Am darauffolgenden Abend nehme ich mir Zeit um ein paar mir empfohlene Restaurants auszuprobieren. Das Amal etwa, im Semlalia Viertel, das preisgünstig und modern marokkanische Delikatessen serviert. Oder eines der kulinarischen Perlen der Stadt, das Red House, nahe der Rue du Temple gelegen. Die einfache Tajine, raffiniert zubereitet, ist das Flaggschiff seiner Küche.

 

Eine Tajine (hier mit Fisch und Lemon Grass) ist eine tönerne Kaserolle, in der Gerichte wie in einem kleinen Ofen geschmort werden

 

Mit ein paar freundlichen Kanadiern probiere ich einen Fischeintopf mit Erdäpfeln und Koriander, eine orientalisch zubereitete Art Quiche und Flan (Pudding mit Karamellsauce). Die Bedienung ist herzerwärmend gastfreundlich, die Portionen mehr als großzügig.

Inzwischen stehe ich wieder auf der Dachterrasse des Central Palace, und blicke über die nächtliche Dachlandschaft. In der Ferne leuchtet der Schnee auf den 4000 Meter hohen Spitzen des Hohen Atlas, durchzogen von taubenblauen Schattenadern. Ich wünsche mir Sterne. Einer scheint schon. N’dschoum.

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Wenn ich in der Öffentlichkeit eines Cafés meine Ruhe haben möchte, schreibe ich einfach. Ich habe den Eindruck, hier respektiert man Schreibende. Wenn auch vielleicht deswegen, weil sie nicht ganz von dieser Welt zu sein scheinen. Also eigentlich wie überall, aber es wirkt. Kein „Hashish, hashish!“, „Mesierrr“ und „Where you stay? Where you go? Where you from? France?“.

Den Rucksack im Hotel gelassen zu haben, hilft natürlich auch. So gehe ich glatt als Einheimischer durch. Ich bin von zahlreichen Tiroler Bergtouren gebräunt, habe schwarzes Haar und eine Nase um die mich sogar Frank Zappa beneiden würde. Wenn ich den Hals kerzengerade halte und etwas streng und busy dreinschaue, habe ich gute Chancen, unbehelligt durch die Soukhs zu wandern.

Außerdem hilfreich: Ein schwarzes T-Shirt mit dem weißen Aufdruck einer Afro-Lady. Es lässt mich, gleichsam als schutzspendende Assoziation, an Erykah Badu in der „Worldwide Underground“ – Phase denken. Und es frappiert die Leute kurzfristig. Denn was soll ein Araber in Afrika denken, wenn er einen arabisch anmutenden Europäer mit dem Bildnis einer unverhüllt schönen Afrikanerin auf der Brust daherschlendern sieht? Nicht viel, wird der erfahrene Maghreb-Reisende denken und er hat wahrscheinlich Recht. Trotzdem: Es sind die Sekundenbruchteile, die zählen, ob man nun angelabert wird oder nicht. Eine Blondine mit Jimi Hendrix -T-Shirt hätte da schlechtere Karten, stelle ich mir vor.

Für Majou zählen auch die Sekunden, die er braucht, um mich als Weißbrot zu dechiffrieren, aber mir gefällt sein Blick. Er offenbart Geduld, Traurigkeit und Anteilnahme. Nicht die an meiner Reisekasse. Was mir noch gefällt, ist sein langsamer, bedächtiger Gang. Majou trägt eine Camouflage-Mütze und eine Collegejacke, auf der inmitten von allerlei Krimskrams wie „extra polar proof sportswear since blablabla“ groß das Wort „GENUINE “ zu lesen ist. Und was soll ich sagen, es steht ihm.

Majous Familie kam vor sechs Generationen aus Baghdad nach Nordafrika, er selbst hat schon vierfach für eine siebte gesorgt und die gilt es zu versorgen. Als guide blanc, im Gegensatz zu den inoffiziellen guide noirs, heuert er unbedarfte Lämmchen wie mich für eine Firma an, die Wüstenexpeditionen organisiert. Doch in die Wüste ist es weit und ein Freund von ihm wohnt ganz nah. Ich vertraue ihm einfach, während er mich durch immer leerer werdende Soukh-Gassen führt.

Ehe ich’s mir versehe, stehe ich als Touareg verkleidet vor dem Spiegel eines schmalen, schnurrbärtigen Methusalems, der auch tatsächlich Salem heißt. Sein Französisch ist nicht besonders gut und seine durch dickes Brillenglas vergrößerten Augen haben einen schrecklich lieben Ausdruck. Ich mag es nicht besonders, mich im Spiegel zu sehen, von fotografiert werden gar nicht zu sprechen, aber ich HASSE es, mich vor anderen in einen Spiegel schauen zu müssen. Doch was ich für einen mutigen Sekundenbruchteil sehe, ist ein fremder Sohn der Wüste in Azurblau. Seine Augen sind scheu. „Ich werde das nicht kaufen, Majou, ich finde mich darin lächerlich!“, sagt der Touareg auf Französisch. Majou übersetzt es für Salem ins Arabische. Der zuckt ergeben mit den Schultern. „Auch gut, dann bring dein Weißbrot einen Stock höher“ , sagen die schrecklich lieben Hinterglasaugen.

Salem besitzt so etwas wie einen dreistöckigen, familienbetriebenen Edel-Supermarkt. Im ersten Stock verkauft er Djellabahs, Dra’as (Wüstengewänder) und Seidentücher, im zweiten arbeiten Berberfrauen in seiner Teppichknüpferei, im dritten hat er eine Schönheitsboutique eingerichtet: Gewürze, Seifen, Wundersteine, Salben und Öle. Dort, bei einem Gläschen „whisky berbère“ (marokkanisches Nationalgetränk: Nanna-Minze plus Chinesischer Gunpowder-Tee plus ein Zuckerkristall, so groß wie das Ritz), hält er mir einen Vortrag über Koriander (gut für den Magen) und Curry (gut für Zunge und Haut), über Arnika (gut für alles!) und Ginseng („c’est trés bon pour estomaccha!“) und über Safran: „Bien pour faire a good, power sexe!!“, untermauert er indem er seine geballten Fäuste schüttelt und mich mit zwei Zähnen angrinst, die schon lange auf die Rückkehr ihrer ausgewanderten Familienmitglieder warten.

Stolzer Sohn der Wüste: Der Style der Berber ist gradlinig, farbenfroh und von der Schönheit des Landes inspiriert

Wenig später stehe ich in der Mittagshitze auf der Dachterrasse von Salems „Supermarkt“ unter einem gelben Baldachin und bekomme an die zwanzig Teppiche vor den Füßen ausgerollt. Ich brauche es nicht mal zu sagen, wenn mir einer wirklich gefällt und sich der Eigenheim-Europäer in mir meldet um mich wissen zu lassen, wo in meiner Wohnung sich dieser Teppich besonders gut ausmachen würde. Diesen Tagtraum erkennt ein guter Teppichhändler in deinen Augen.

Ich wurde ja bereits vorgewarnt, dass ich von einer Marokko-Reise nicht ohne Teppich wiederkommen würde. Nur, ich wollte das Unvermeidliche so lange als möglich hinauszögern. Zumal ich nicht mit einem Teppich durch die Lande ziehen wollte, der nicht fliegen kann. Die „Tapis“, die mir Salem auf seiner Terrasse zeigt, sehen mir alle zu schwer aus. So schwer wie die Augenlider der Berberfrauen, die sie zwei Stockwerke tiefer herstellen. Aber weit nicht so schön wie die melancholischen aber ungebrochenen Blicke aus ihren alttestamentarischen Gesichtern, die Bibelschreiber vor 2000 Jahren zu ganzen Evangelien inspiriert haben müssen.

Auch Salem und Majou, der teetrinkend das Geschehen beobachtet und kommentiert, verkünden ihren Mittagssermon und das geht so: Diese Teppiche sind mit Liebe handgewoben und bei weitem nicht so teuer wie sonst irgendwo in Marrakesch, denn ich sei kein profaner Kunde, sondern ein Freund und Freunde soll man glücklich machen. Und ohne den mokka-beige-weißen Teppich mit einfachem schwarzem Zickzack-Muster könne ich in diesem Diesseits nicht glücklich werden. Ganz einfach! Ich erklärte, dass ich die Obergrenze meines Glücks erreicht hätte, wenn ich ein paar Gewürze und ein Stück Arghane Seife erstehen könnte. Insha’allah. Und so geschieht es.

Die Wegzehrung in Form einer viereckigen, öltriefenden Palatschinke mit Mandelmus-Hühnchen Füllung für den Rückweg zum Djemaa el-Fna geht an einen buckligen Alten, der die Welt der Menschen nur mehr aus der Hüftperspektive sieht. Er freut sich aus verständlichen Gründen, ich mich aus Gründen, die für Fleischesser schwer verständlich sind. Zum Beispiel für Majou, der mir trotz dieses ernährungstechnischen Frevels nur das Beste wünscht, als sich unsere Wege am Ausgang der Soukhs trennen. „D’ouah!“ –„Mögest du dich in ein glückliches Schicksal fügen.“

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Nach fünf Tagen und Nächten habe ich genug von Jubel, Trubel, Heiterkeit am Djemaa el-Fna und den Stimmen von Marrakesch. Ich möchte wieder mehr vom Land sehen – vor allem die Wüste.

Das Busunternehmen CTM ist das bekannteste und zuverlässigste in Marokko. Dessen sind sich natürlich die Beamten dieses florierenden Betriebs bewusst und lassen einen das auch spüren. Mein Anliegen, nach Ouarzazate auf der anderen Seite des Hohen Atlas gebracht zu werden, wird durch einen stattlichen Herrn mit den teigig-gefährlichen Gesichtszügen von Frank Langella Gewährung zuteil.

Dass ich einen 60-Liter-Rucksack durch die Busstation manövriere, sieht der gute Mann hinter dem Schalter zwar, freut sich dann aber um so weniger als ich beim Eintreffen des Busses dann wieder vor ihm stehe, weil es den Rucksack nämlich als schweres Gepäck zu verstauen gilt. Dazu brauche ich einen Registrierungsbeleg, dazu brauche ich wiederum Frank Langella, dazu muss ich mich aber auch wieder zehn Minuten lang in der Schlange anstellen, während der Bus draußen den Motor anwärmt.

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Hoher Atlas im Abendrot      © Jerzy Strzelecki

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Hoch oben im Hohen Atlas ist der Motor dann so gut angewärmt, dass er an Überhitzung zu laborieren beginnt und eine finstere Abendstunde lang die Passstraße blockiert. Solange dauert es bis ein Mechaniker, der offensichtlich mit dem Chauffeur auf gutem Gasfuß steht, mit dem Moped aus einem benachbarten Dorf anreist.

Ich blicke in die Nacht hinaus und verliere mich in dem türkisblauen Streifen über den schwarzen Silhouetten der Berge. Davor waren sie indigoblau gewesen, davor Tennisplatz-rot, algengrün, safrangelb und sandbeige. Und ganz oben an der Spitze sogar noch weiß. Darüber residiert Venus, die Prinzessin des Abendhimmels. Dann springt der Motor wieder an und erschöpfte Fröhlichkeit macht sich unter den Fahrgästen breit. Zwanzig Minuten später erreichen wir den kleinen Weiler Taddert am Tizi n’Test-Pass. Dahinter und etwa 2000 Meter tiefer breitet sich schon die mondbeschienene Weite der Wüste aus.

Irgendwann nach Mitternacht erreichen wir Ouarzazate, die staubige Hauptstadt der Wüstenprovinzen. Dort gibt es ein weitläufiges Filmstudio („Gladiator“, „Kingdom of Heaven“, „Kundün“, „Babel“, …) und ansonsten viel Arbeitslosigkeit. Das wirkt sich auf die Stimmung im Ort aus. Sinnlosigkeit, Sucht und Schlägereien sind die Symptome dazu. Mir kommt das alles vor wie Nevada ohne einarmige Banditen, dafür mit einer ganzen Menge zweiarmiger.

Eine stattliche Auswahl davon ist gerade damit befasst, auf meiner Straßenseite einen Mann gegen jede Fairnessregel zu verprügeln. Five to One, baby! Ich verlasse die falsche Straßenseite und überquere den Boulevard in Richtung einer Tankstelle. Das tun nun aber auch die famosen Fünf, den sechsten hat sich einer unter den Arm geklemmt, falls ihnen drüben wieder langweilig werden sollte. Was reiner Luxus ist, denn dort gibt es ja mich. Kleiner, schmaler Mann mit großem Rucksack und ein paar Stunden Busfahrt in den Knochen. Einer hat mich schon im Blickfeld, dann auch ein zweiter. Alles klar, alles drin.

Adrenalin! Vom Steißbein bis unter die Schädeldecke: kaltes, klares Wachsein. Da kommt ein Taxi, dem ich wie beiläufig zuwinke, um meine Anspannung nicht zu zeigen. Es fährt weiter. Weil ich a) dem Fahrer wahrscheinlich nicht spannend genug bin und er b) gerade die Jungs von der Tankstelle gesehen hat. Plus deren Exkumpel. Und der sieht nicht sehr glücklich aus. Ich zwar auch nicht, bin es dann aber: Zwei Jungs in meinem Alter, der eine in einem Stüssy-Shirt, der andere mit einem Spitzbart haben mein Winken mit sämtlichen Zaunpfählen dieser Welt gesehen. Ich wechsle wieder die Seite, diesmal zur sicheren.

Die beiden Nachtschwärmer bringen mich zu einem Hotel, auf das sich wunderbar französisch „Gazelle“ reimt. Dort begegne ich Mustafa und das ist mein zweites Glück: Mustafa ist sehr schwarz und sehr zuvorkommend und trägt eine Schildkappe mit einem Fuchs drauf. Darunter das wachste Paar Augen, das ich seit langem gesehen habe. Er spricht gut englisch und von einem Ausflug in die Wüste, den er für mich organisieren könne, denn das ist sein Job. Seine Augen leuchten dabei wie die eines Fennek, eines Wüstenfuchses. Ich fühle mich gleichzeitig gerädert und gerettet und schlafe sehr tief in dieser Nacht.

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Gebackene Landschaft: Unterwegs an den Rand der Sahara                   ©Takver Flckr

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Am nächsten Morgen, der strahlend ist wie frisch poliert, erreicht mich beim Kaffee im Garten die gute Nachricht: Nach dem Frühstück wäre mein Taxi an den Rand der Sahara bereit zur Abfahrt. Yes!

Leider muss ich feststellen, dass besagtes Taxi schon auch meines ist. Unter anderen. Fünf an der Zahl. Zum Glück nicht die von letzter Nacht, aber trotzdem: eine starke Besatzung. Doch so ein Mercedes 280 SE schafft das mit links. Dort sitzt ein routinierter Routinier mit Musikgeschmack „Berbergesänge“ (Vocoder-verzerrt und schwer hypnotisch), dann ein gewichtiger, dunkelgekleideter Araber und dann meine linke Pobacke.

Dafür genieße ich das Privileg meinen rechten Arm aus dem Fenster hängen zu können und die Handfläche im Fahrtwind surfen zu lassen. Riding low in Morocco. Vor mir auf dem Armaturenbrett liegt ein rostfarbener Kunstfaserpelz, der zuvor dem Schlagzeuger Animal aus der Muppet Show gehört haben mag. Und hinter der Windschutzscheibe: 250 Kilometer (relativ) rumpelfreien Asphalts, ein glühendes Band in Richtung Süden. Nach M’Hamid, unweit der algerischen Grenze. Sahara. Die große Stille. Dort zieht es mich hin, wie eine Sternschnuppe zur Erde.

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Das Tal der Draa auf dem Weg nach Zagora ist einen mehrtägigen Abstecher wert   © Ouarzazate Unltd.

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In Zagora wechsle ich vom Kollektivtaxi in ein Einzeltaxi. Bis es abfahrtsklar ist, warte ich in einer kleinen Boutique. Dieses Schicksal wurde mir von Mohammed vorherbestimmt. Mohammed ist etwa zwanzig, herzensgut und seine schielenden Augen verfügen über einen Blickwinkel von 160°. Dieser umsichtige Junge ist mein Kontaktmann hier in Zagora und er kennt Mustafa. Ein beruhigendes Gefühl.

In der Boutique seines Onkels Ibrahim wird mir Tee und eine Auswahl an Silberschmuck serviert. Ich entscheide mich für zwei beinahe identische Anhänger mit je einem karoförmigen Loch in der Mitte, das den Mond, Kamàar, darstellt, darunter zwei stilisierte Dünen und ein Kreis für die Sonne. Das untere Drittel beider Amulette besteht aus rotbraunem Holz mit eingearbeiteten Silberstreifen. Orientierung ist die Idee dahinter: Wie immergültige Kompasse sehen sie aus und sie symbolisieren den Weg durch die Wüste. Der Unterschied zwischen den beiden Schmuckstücken: eines ist mit zwei Flügeln ausgestattet, die für die Webegabel der Frauen steht.

Frauen genießen im Berberstamm der Touareg hohen Respekt und sind, wenn auch selten, sogar Stammesoberhaupt. Der größte spirituelle Führer und Held zahlreicher Legenden war eine Frau, Tean Hin’aan, die in den südalgerischen Achaggar-Bergen für Einigkeit unter den Stämmen sorgte. Frauen dürfen bei den Touareg unverschleiert gehen, während die Männer sich in indigoblaue Gewänder hüllen, weswegen sie auch „Le peuple bleu“, das blaue Volk genannt werden.

Eine Dra’a in hell-und dunkelblau sowie ein schwarzes Turbantuch gehören zu den weiteren Gaben, denen ich nicht entgehen kann, weil sie mich vor der großen Sonne, Schoumsch chebir, schützen sollen. Ibrahim erklärt, dass mehrere Lagen schwarzen Stoffes besser vor Hitze schützen als einfache helle Stoffe. Außerdem ist nun doch ein Teppich fällig: klein, rot-weiß und grob gewoben – perfekt für meine Küche daheim. Der Eigenheim-Europäer nippt zufrieden an seinem Berberwhisky.
Weiter geht die Reise in Richtung der Oase Mhamid. Mein Taxler schweigt und grinst, später in einem kleinen Weiler sorgt eine Erscheinung am Straßenrand für Gesprächsstoff. Ein Touareg. Das Taxi wird langsamer.

Er ist komplett in blau gehüllt und strahlt geduldige Überlegenheit aus. Außerdem steigt er gleich auf die Rückbank zu und begrüßt meinen Chauffeur, indem er ihm freundschaftlich, fast familiär die rechte Schulter reibt. Dann wundert er sich über mich: „Mais, tu es Targi aussi!?“ Es liegt also an mir, ihn aufzuklären, dass ich mich in meiner Gewandung fühle wie ein Typ aus Rostock, den man in Lederhosen zum Pinzgauer Hüttenabend verfrachtet hat. Da muss er lachen und findet außerdem meinen Namen schön, spricht ihn zwei, drei mal leise vor sich hin, wie ein Kind und sagt dann sanft aber deutlich: „Moi, je m’appelle Hamid! Enchenté.“

Hamid könnte ein Bollywood-Schönling sein, oder ein Mailänder Geschäftsmann, doch seine Augen haben weder etwas schwülstiges, noch etwas berechnendes. Verträumte Traurigkeit spiegelt sich darin und vielleicht ist es auch nur meine eigene. Wir warten noch fünf Minuten auf einen netten, etwa 20-jährigen Typen, der Moàd heißt und noch ein paar kleine Einkäufe für die sechs Tage in der Wüste erledigt hat.

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Im Erg Chebbi, wo die Sahara beginnt

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Die Sonne befindet sich in langsamem Sinkflug, als das Taxi auf Hamids Wunsch am Rande des Nirgendwo stehen bleibt. Von hier aus gehen wir zu Fuß, Hamid, Moàd und ich, hinein in den Sonnenuntergang. Der Boden unter meinen Füßen wird zunehmend sandiger und weicher, immer weniger Steine und Sträucher säumen unseren Weg. Eine Handvoll anderer Gäste der Zeltstadt taucht auf. Darunter auch eine bildhübsche Französin mit Katzengesicht, hellgrünen Augen und dunkelblondem Haar. Wir kommen ins Gespräch und schließlich darauf, dass wir am selben Tag geboren wurden. Und zu so einem Zufall muss man bis in die Wüste reisen?

Nach einer halben Stunde taucht am Horizont eine Staubwolke auf, die sich beim Näherkommen als Kamel zu erkennen gibt. Vor dem Kamel stapft, bestens gelaunt, ein junger Berber einher. Dem werde ich anvertraut und darf Platz auf dem Kamel nehmen. Der Junge heißt Doubkuli („der Singende“) und ist 21. Er trägt ein Jazzplaya-T-Shirt, Baggy Pants, riesige Sandalen unter riesigen Füßen und ein extrabreites Grinsen im Gesicht. Er dreht sich immer wieder zu mir um und fragt mich alles Mögliche. Zum Beispiel, ob er mich Ali Baba nennen darf. Ich mag den Kerl auf Anhieb und antworte so gut es geht auf Französisch, manchmal auf Arabisch, was ihn total freut. Sein Grinsen reicht fast bis zum Hinterkopf. Das Kamel heißt „Shamell“, so wie alle Kamele, die Doubkuli kennt.

Dann senkt sich die blaue Stunde über uns, langsam kühlt die schwelende Luft um uns ab und ein kleiner Palmenhain hebt sich gegen das Helltürkis des Himmels ab. Die Wellen der Wüste verlieren ihren gewohnten Beige-Ton und sehen bald aus wie Falten in einem veilchenblauen und violetten Seidentuch. Ein paar Berberkinder spielen und toben mit uns über die Sandflächen und weichen Abhänge aus bereits abendkühlem Sand. Ein Knirps hält ein Pic-Feuerzeug schmerzhaft nahe an meinen Oberarm, um staunend mein Tattoo zu inspizieren. Ich frage ihn in gespielt aufgebrachtem Französisch, ob er er mich zum Abendessen grillen wolle, was die ganze Kindertruppe hinreissend komisch findet.

Später hocken Doubkuli und ich auf der Düne, die die drei Palmen hinter uns wie ein Blumentopf umrundet und schweigen lächelnd dem Horizont entgegen. Als der sich nicht mehr vom Himmel unterscheidet, machen wir uns auf den Weg zum Zeltlager, wo es nach Harissa duftet und ein Feuer brennt. An seinen Flammen wärmt sich die schöne Französin – meine Geburtstagsschwester – die Hände und sieht mich voll Erwartung und Verspieltheit an.

Ein paar Tage später realisiere ich, dass Marokko schon alleine ein Zauberland ist, aber zu zweit doppelt so zauberhaft.

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Reiseratgeber für Marokko

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Marokko ist… ein Königreich im Nordwesten Afrikas und wird durch die Straße von Gibraltar vom europäischen Kontinent getrennt. Als westlichstes der fünf bzw. sechs (mit Westsahara) Maghrebländer grenzt es im Norden ans Mittelmeer, im Westen an den Atlantik und im Osten an Algerien. Der Hohe Atlas durchzieht das Land von Südwesten bis Nordosten. Sein Hochgebirgscharakter wird deutlich am Jabal Toubkal mit 4.167 Meter Höhe. Das Land ist seit 1956 unabhängig und gemäß der Verfassung von 1992 eine konstitutionelle Monarchie.

Beste Reisezeit: April bis November. Marokkos Sommer ist heiß und trocken, je weiter südlich man reist, umso dramatischer die Hitze. Dafür ist der Winter mild und leicht regnerisch. Der Herbst schenkt dem Himmel über Marokko Klarheit und Weite, das Frühjahr Blütenpracht inmitten karger Landschaften. Wetterscheide zwischen mediterranem und extrem aridem Sahara-Klima ist der Hohe Atlas. Der heißeste Monat ist der Juli mit durchschnittlich 37,2 Grad.

Zur Einstimmung:

Ein Buch: Das nackte Brot von Mohamed Choukri (Piper Taschenbuch Verlag, 1992). Eines der bedeutendsten Bücher der modernen arabischen Literatur – zugleich poetisch und realistisch, hart und sanft.

Ein Film: Der Himmel über der Wüste (1990) Von Bernardo Bertolucci prachtvoll in Szene gesetztes Melodram nach dem existenz-philosophischen Roman des Exil-Amerikaners, Schriftstellers und Komponisten Paul Bowles, der u.a. auch Choukri förderte, dessen Texte zu Papier brachte und ins Englische übersetzte.

Paul Bowles ::: The Sheltering Sky (dt.: Der Himmel über der Wüste, 1949)

Ein Song: Tea in the Sahara von The Police. Nach einem alten Märchen von drei Schwestern, die in der Wüste vergeblich auf ihren Prinzen warten – so lange bis ihre Teetassen mit Sand gefüllt sind. Die Erzählung findet sich übrigens auch in Bowles’ oben empfohlenem Roman.

Eine Website: marocmama.com – herzliche und humorvolle Einführung in das tägliche und kulinarische Leben Marokkos inklusive der wichtigsten arabischen Redewendungen.

Womit bezahlen? Die Währung des Königreiches Marokko ist der Dirham (MAD, Plural: Darahim), der 100 Centimes entspricht. Aber auch Rial (Gegenwert 5 Centimes) und Franc (1 Centime) sind im Umlauf. Ein Euro ist 11, 077 MAD wert.
Der Dirham ist keine frei konvertible Währung, sein Import und Export wird von Marokkos Office des Changes gesetzlich reglementiert, von Zoll und Polizei aber nur selten kontrolliert. Die Ein- und Ausfuhr von bis zu 1.000 MAD wird zumeist toleriert. Falls nicht: Verhandlungsgeschick an den Tag legen, die Zollbeamten kommen einem meist mit einem lächelnd vorgeschlagenem Kompromiss entgegen, der andernorts auch Bestechung genannt wird.

Was pack’ ich ein?
– Tagesrucksack für Ausflüge und zum Flanieren, auch kleine Stofftaschen für die gebrauchte Wäsche sind von Vorteil.
– Leichte, gut eingelaufene Wanderschuhe und Sandalen. Fleece-Jacke, Windbreaker und ein komfortabler Pulli – die Nächte südlich des Atlas können empfindlich kalt werden. Lange, leichte Hosen sowie Langarm-Shirts: Verzichten Sie in der islamischen Welt darauf, nackte Oberarme und Beine zu zeigen – egal ob männlich oder weiblich. Frauen sollten nicht alleine durch Marokko reisen. Ein Kopftuch kann frau tragen, generell ist dies aber nicht nötig.
– Gute, 100% UV-abweisende Sonnenbrillen. Sonnenhut und Sonnencreme mit Faktor 12 oder höher. Möglichst unauffälliger Geldgürtel und eine gute Portion steter wohlwollender Umsicht – echt wichtig!
– Ein Reiseadapter für Steckdosen ist nicht notwendig, eine Stirnlampe hingegen schon. Kleine Reiseapotheke mit Desinfektions-Set, Jod, Elotrans-Pulver bei Durchfallerkrankungen, Immodium, Pflaster und sterilen Verbänden. Impfungen gegen Typhus und Tollwut werden empfohlen.

Travelling light: Platz im Gepäck lassen. Sie werden garantiert den einen oder anderen Kunst- oder Ziergegenstand als unverzichtbar für Ihren Wohnraum daheim erachten. Größere Gegenstände oder Kelims (Knüpfteppiche) werden, der Erfahrung des Autors nach, verlässlich von den Händlern gut verpackt an die richtige Adresse gesendet. Es geht schließlich ums unausgesprochene Ehrenwort.

Ein Klassiker: Pfefferminztee
Das islamische und daher weitgehend alkoholfreie Marokko ist berühmt für seinen „Whiskey Berbère“, wie der Minztee (französisch thé de menthe, arabisch atay nanna) scherzhaft bei den Einheimischen heißt.

Heiß, kühlend und sehr süß: Pfefferminztee   © NOSADE

Er wird aus chinesischem Grünen oder Weißem Tee gebraut, der mit den besonders intensiv und frisch duftenden Blättern der Nanna-Minze und unglaublich viel Zucker versetzt wird.

Tee ist Nationalgetränk, Symbol der Gastfreundschaft, zwischenmenschlicher Eisbrecher und der perfekte Durstlöscher – besonders bei großer Hitze. „Das erste Glas ist bitter wie das Leben, das zweite süß wie die Liebe, das dritte sanft wie der Tod“, sagt eine alte Berber-Weisheit.

Rituell zubereitet, mehrfach umgegossen und schließlich artistisch aus großer Gusshöhe in Gläser ausgeschenkt, wird der Minztee zu jeder Tageszeit genossen. Ein Glas kostet ungefähr 5 Dh. Seien Sie aber sicher, während Ihres Aufenthaltes in Geschäftslokalen und Berberzelten zu Hektolitern dieser heißen, süßen Köstlichkeit eingeladen zu werden.

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