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Lisa Eckhart zugeeignet
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Sie ist der Todesengel des Spätkapitalismus, jenes Rhythmus, bei dem der Mensch halt mit muss. Ob er will oder nicht, ob nüchtern oder dicht. Und Lisa Eckhart will ganz sicher nicht.
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Nur wer sich traut, den eigenen Trommelschlag zu hören, sich der Ratzenhetze zu verwehren, den eigenen Geistesraum hier zu begründen und sich abkehrt von den Pfründen: Der oder die, im Fall von dieser – heißt das Menschenkind doch Lisa – hat vor der Ewigkeit bestand, weiß sie doch mit jeder Faser wie das Schmeicheln töricht ist.
Sie bleibt bei sich und hält die Treue nur dem Wandel, jenem regen Wechselspiel. Wenn sie spricht, hagelt es Sterne aus zerplatztem Neonlicht – sie kennt den Mensch, doch er sie nicht.
Drum ist er vor den Kopf gestoßen, was und wie sie es wohl meint, ein obstinater Geist, der stets verneint, zum Überdruss auch noch gereimt! Lisa Eckhart ist wohl seit Beginn eine frisch-frivole Frevlerin. Wie der Tod ist sie so blass, schläft sie doch im Sarg aus Glas, ausgelegt mit Tuch darin aus Samt in rotem Karmesin.
Keine andere Platinblondine ist so schön und schlau wie sie. Keine andere ist vorwitziger als diese Ikone von Tamara de Lempicka. Sie spricht so schön und weiß so viel, erwärmt das Herz gleich einem Silber-Projektil. Gnadenlose Bösewitch, so graziös und auch betörend, dabei aus Seelengrund verstörend, ist sie eine luziferisch Lichtgestalt – der Körper jung, die Seele alt.
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Dekadenz? Die ist für Spießer, für neoliberale Nutzennießer und für Bobos – die ist sie besonders leid. Sie selbst, so herrlich arg verdorben, für jetzt und auch für alle Zeit. Böses, nicht im Sinn von boshaft, führt die Eckhart stets im Munde, ist nicht bloß ein Gustaf Gründgens, sondern mit der dunklen Macht im Bunde. Normalität ist ihr so fremd, sie will das Extreme, denn es ist ihr Element.
Österreichs Poetry Queen in jedem Fall, ist ihr Vortrag geschliffen wie Kristall. Allseits begehrt und doch verkannt, schleudert sie satanische Verse ins Volk wie Geschosse aus reinstem Diamant. Pointen, geschüttelt aus dem Rüschen-Ärmel wie schwarze Perlen, trägt sie weißen Wolf wie Max auf der Insel bei den wilden Kerlen. Ihr Schönbrunner Deutsch beherrscht sie ganz und sprudelt über wie Champagner vor lauter Sex und Süffisanz. Und sind eure Ohren rot vor Genieren, lassen Lisas Augen die Hölle gefrieren.
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In der Antike hieß Venus Luzifer, der gute alte Morgenstern. Sie mag die Sonne nicht so gern und hat mit taktisch Klugheit alle Freunde von sich abgeschabt zu allen Seiten. Seither schwebt sie über arktischen Weiten und dreht sich im Kreis vor Glück im unendlichen Lauf der Zeiten. Sich selbst genügend, die Menschheit und insbesondere ihr Publikum verachtend wie eine Domina den Freier, lebt sie nur sich selbst zur Feier.
Sie ist der Kältetod in Versace, für den kranken Hausverstand eine gesunde Watsche. Ihre Irides wie je von einem anderen Tupfer, eine himmelblau, die andere überzogen mit einer Schicht von Kupfer. Hochgewachsen, unmöglich dünn und androgyn. Auf den ersten Blick eine österreichische Skispringerin auf einem transsylvanischen Weiberfasching. Auf den zweiten ist es schon zu spät, weil sie dann schon deine Seele berät.
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Als ob Sie besseres zu tun hätten
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Ein in Spitzen gefasstes romantisches Genie, gekleidet wie eine Coppola-Vampirin aus der Monarchie. Hat noch nie gelesen, was nach 1900 geschrieben, sagt sie einfach nach Belieben. Ihre Gestalt ist aus dem Hoffmannschen Erzähl-Werk, sie macht jeden Saal, in dem sie auftritt, zur Vollmond-Lichtung auf dem Blocksberg. Wer ihren Vortrag verlässt, hat sich die Seele leer gelacht und blickt aus toten Augen in des Grabes tiefen Schacht, wenn niemand hinsieht.
Ihr Schicksal ist ihr in die Hand gefallen und ihre langen Finger tragen metallene Krallen. Arrogant bis auf das schwarze Blut, doch liebt man sie und hasst zugleich sich selbst vor Wut. Standpunkt hat sie keinen und singt auch keine Lieder, dafür hat ihre Seele Schwingen aus schwarzem Gefieder. Die Leere hinterm Punkt verspricht’s: Wo Lisa steht, da ist das Nichts.
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