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::: HILAREE NELSON :::

HILAREE AUF HÖHENJAGD
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Hilaree Nelson – pardon: Captain Hilaree Nelson – begnügt sich nicht damit, imposante Berge in aller Welt zu besteigen. Die Amerikanerin fährt auch am liebsten mit Skiern wieder runter.

Zum Beispiel vom Peak of Evil im indischen Himalaya oder vom Achttausender Lhotse. Sie und ihr Partner Jim Morrison waren die ersten Menschen, die durch dessen berühmtes Couloir (unter Skibergsteigern The Dreamline genannt) mit Skiern abfuhren. Hilaree war auch die erste Frau, der die Besteigung von zwei Achttausendern (Everest und Lhotse) innerhalb von 24 Stunden gelang.

Für National Geographic machte sie sich auf eine Expedition zum höchsten Berg Südostasiens, die logistisch und gruppendynamisch nur knapp einer Tragödie entging. Weitere Projekte führten sie auf Berggipfel auf der Kamtschatka, im mongolischen Altai, in Pakistan, Baffin Island, Alaska, Südgeorgien und im Libanon.

Outside Magazine listet sie als eine der großen Abenteurerinnen unserer Zeit. Im April 2019 übernahm sie von Bergsteiger-Legende Conrad Anker die Captain-Position im globalen Athletenteam von The North Face. Und für ihre beiden Söhne Quinn und Grayden ist sie schlicht und einfach die beste Mama der Welt.

Im Interview (geführt im Frühling 2019) spricht sie über den Lhotse, das Leben am Limit und die Liebe zum Planeten Erde.
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Hilaree, die Dreamline am Lhotse (8516 m; vierthöchster Berg der Erde und Teil des Everest-Massivs in Nepal) ist ein dermaßen beeindruckendes Projekt, wie bist du überhaupt auf dieses Couloir aufmerksam geworden?

Die Dreamline ist zum ersten Mal 2007 auf meinem Radar aufgetaucht, als ich den amerikanischen Skibergsteiger Jamie Laidlaw davon erzählen hörte. Er hatte das Lhotse Couloir bereits mit Skiern zu durchsteigen versucht, musste aber auf halbem Weg aufgrund eines Defektes an seinem Sauerstoffgerät umkehren.

Ein weiterer Faktor für eine gelungene Befahrung, neben der extremen Höhe, ist die Schneelage. In der Frühjahrs-Saison hat das Couloir einfach zu wenig Unterlage, aus der außerdem noch fixierte, vergessene Seile und einzelne Felsen herausschauen. Deshalb fasste ich mit meinem Freund und Partner Jim Morrison den Plan, unser Glück im Herbst 2018 zu probieren.

Die Vorteile lagen für uns auf der Hand: Der Monsun hat viel Schnee auf den Flanken abgeladen und um diese Zeit ist am Khumbu Gletscher fast nichts los.
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The Dreamline von der Südostroute des Everest: Gut sichtbar, das Lhotse Couloir im Schatten. Links im Licht der Morgensonne, der Verbindungsgrat zum Lhotse Shar. © Paul Pottinger

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Stimmt es, dass ihr beide erst die dritte Partie wart, die eine Skibesteigung des Lhotse ins Auge fasste?

Die dritte oder vierte, ja. Das liegt aber auch daran, dass das Couloir vom Western Cwm (vergletschertes Hochtal, das von Chomolungma/Mount Everest, Lhotse und Nuptse wie ein Hufeisen eingefasst wird. Auch „Tal des Schweigens“ genannt; Anm.) aus nicht einsehbar ist. Die Wandfalten des Lhotse sind nach links geschichtet und so zeigt sich die Dreamline erst ab dem Südsattel des Everest – dann aber in ihrem ganzen Zauber. Für Skialpinisten ist diese Linie ein Traum: scharf definiert, pfeilgerade und so hoch oben wie kaum eine andere.
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Wie ist es euch beim Aufstieg ergangen?

Dass das Projekt nicht gerade ein alpinistischer Genuss werden würde, deutete sich schnell an. Vom unteren, leicht nach Westen orientierten Lhotse Face mit seiner soliden „Styropor“-Schneeauflage bogen wir ins nordseitige Schneefeld unter dem Couloir ein und fanden plötzlich komplett andere Verhältnisse vor: Statt in gutem Rhythmus im angefrorenen Schneegries zu stapfen, brachen wir nun alle paar Schritte durch eine stark verwehte Harschkruste ein. Das kostete uns Zeit und Nerven.
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Hilaree Nelson im letzten Lager unterhalb der Lhotse Nordwand. Links der „Swirl“, eine wellenförmige Gesteinseinlagerung in der Verbindungswand zum Nuptse (Bildmitte). © Dutch Simpson

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Habt ihr Flaschensauerstoff verwendet?

Jim und ich hatten eigentlich vor, auf künstlichen Sauerstoff zu verzichten, im Unterschied zu unserem zweiköpfigen Kamerateam und den beiden Sherpas. Das wollten wir im Geiste des Clean Climbing auch so bis zum Gipfel durchziehen. Doch schließlich mussten wir klein beigeben, da wir immer erschöpfter und langsamer wurden, und es so wahrscheinlich nicht bis auf den Gipfel geschafft hätten. Das war ein bisschen ein Dämpfer, aber was soll man machen…
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Schließt der Gipfel gleich an das Couloir an?

Nicht ganz. Wir arbeiteten uns aus der schattigen Röhre des Couloirs heraus, und stiegen durch ein zunächst flaches, Sanduhr-artiges Eisfeld, das plötzlich immer steiler nach links aufragt und mit Schnee wie aus Kristallzucker bedeckt ist. Diese letzten dreißig Meter rauf zu steigen oder viel mehr: uns durch diese zerbröselnden Überhänge zu buddeln, verlangte uns nochmal das Letzte ab.
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Dafür bietet der Lhotse aber sicher ein unvergessliches Panorama, oder?

Es war einfach nur… Wow! Es war ein traumhafter Herbsttag und die Fernsicht glasklar. Der Blick schweift von Lhotse Shar und Makalu im Süden über Nuptse und das Western Cwm bis zum Südgipfel des verschneiten Everest. Ich habe ihn schon so oft aus fast allen Blickwinkeln gesehen, sodass ich mich fast satt gesehen habe. Aber an diesem Tag sah er so feierlich, so ungewohnt spitz und fremd aus – wie ein anderer Berg.
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Empfindest du den Lhotse an sich auch als schönen Berg?

Was ich am Lhotse liebe, ist wie grafisch die Innenwand seines Kranzes zum Nuptse hin gestaltet ist. Gerade Linien, die nach oben streben, aber auch wie mit dem Lineal gezogene Querlinien. Eine einzige Einlagerung bricht aus diesem statischen Raster aus: sie sieht aus wie eine riesige Meereswelle oder wie ein Luftwirbel.

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Lhotse (Dokumentation)
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Nun muss man sich diese Dreamline dem Namen zum Trotz als eine eisige, extrem schmale, etwa 600 m lange und bis zu 55° steile Rinne in der Todeszone vorstellen. Macht das Skifahren darin überhaupt Spaß?

Ich muss sagen, so ungut die Konditionen im Aufstieg waren, so perfekt waren sie zum Abfahren. Jim fuhr die gesamte Dreamline vom Gipfel des Lhotse ohne seilgesicherte Zwischenabstiege. Die ersten Meter sind wirklich verdammt steil. Wir konnten nur genau platzierte Jump-Turns setzen. Ab und zu legte ich mir unser Fixseil vom Aufstieg um den Ellbogen und half mir so in den steilsten Passagen.

Das gesamte Couloir ist eine No-Fall-Zone, da darfst du dir keinen einzigen Ausrutscher leisten, aber nach den ersten hundertfünfzig Metern wird es eine Spur flacher und man kann es ein bisschen laufen lassen.

Es war ein befreiendes Gefühl, als wir aus dem Couloir heraus fuhren und sich auf einmal die Weite des Lhotse Face auftat. Verbunden natürlich mit dem Wissen, dass wir die ersten waren, die vom Gipfel bis hierher über die Dreamline mit Skiern gefahren waren.

Aufstieg zum Papsura, dem Peak of Evil.

Ist dir die Ästhetik eines Berges wichtiger als eine Erstbesteigung?

Hmm, ja, ich denke, ich gehöre zu jenen Alpinisten, für die die Gestalt des Berges alleine schon verlockend ist.

Am besten kann ich das an meinem Projekt im März 2013 am Papsura (6451 m. Auch bekannt als Peak of Evil, im indischen Himalaya; Anm.) festmachen: Das war zwar „nur“ eine zweite Besteigung des Gipfels, aber was für ein Berg! Er war mir wegen seiner wilden Gestalt bei einem Flug über den Westhimalaya aufgefallen.

Papsura hat einen Nebengipfel, der wie ein weißes Segel aussieht, Dharamsura. Die beiden Berge sind in der Gegend von Lahaul als „Gipfel von Gut und Böse“ bekannt.
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Und du hast dir natürlich gleich den Gipfel des Bösen ausgesucht?

Ja, und er hielt auch das Versprechen seines Namens (lacht). Die Abfahrt durch seine steilen, abweisenden Flanken war furchterregend. Im Nebel konnten wir kaum Schnee von Blankeis unterscheiden. Trotzdem bin ich furchtbar stolz auf diesen Gipfel.
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Peak of Evil: 2017 gelang Hilaree Nelson, Jim Morrison und Chris Figenshau die zweite Besteigung und erste Skibefahrung dieses prominenten Berges im Westhimalaya. © Chris Figenshau

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Jagen dir solche exponierten Expeditionsziele nicht auch manchmal Angst ein?

Klar, ich habe sogar ein bisschen Höhenangst!

Jetzt nimmst du mich aber auf den Arm, oder?

Nein, ich schwöre! (lacht) Die kriege ich aber ganz gut unter Kontrolle, wenn ich einfach nicht in den Abgrund blicke, sondern nur auf die relevanten anderthalb Meter vor mir. Ich setze mir sozusagen unsichtbare Scheuklappen auf.

Manchmal ist es eher so, dass mich die Logistik einer Expedition mehr schreckt als das Ausgesetztsein. Besonders, wenn ich die Leiterin bin und damit Verantwortung für alles trage.

Das war zum Beispiel bei unserer Expedition nach Myanmar der Fall, die unter keinem günstigen Stern stand. Ein Team von The North Face unter meiner Leitung sollte 2014 für National Geographic eine Kundfahrt zum höchsten Berg Südostasiens unternehmen. Oder besser gesagt: wir sollten feststellen, ob er tatsächlich der höchste Berg ist. Das lässt sich nämlich nur dann ganz genau eruieren, wenn man mit einem GPS auf seinem Gipfel steht. Sogar Google Earth bietet in diesem Gebiet nur verschwommene Satellitenfotos. Es war eine klassisch angelegte Expedition, die zu einem Abenteuer zwischen Leben und Tod wurde.
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Abenteuer beginnen bekanntlich dann, wenn der Plan schiefgeht. Verlief diese Expedition ganz unter dem Motto: „Und dann kam alles anders“?

Genau so war es. Sobald unser Team das Rollfeld des Flughafens betrat, liefen die Dinge aus dem Ruder. Die erste Etappe von 800 Kilometern mit dem Zug waren schon ein Nervenkitzel, die holprige Strecke schleuderte uns alle halben Minuten dreißig Zentimeter in die Luft.

Derart durchgebeutelt wurden wir im Norden des Landes unter Arrest und unsere Permits von den dörflichen Behörden infrage gestellt. Plötzlich wollten uns die Verbindungsleute in Yangon auch nicht mehr im Gebiet dulden. Sie verzögerten unsere Weiterreise, bis sie uns zähneknirschend doch erlaubten, von unseren bereits ausgestellten Permits Gebrauch zu machen.

Monate später fanden wir heraus, dass kurz vor unserer Ankunft ein burmesisches Bergsteiger-Team eine Erstbesteigung versucht hatte, aber dabei verschollen war. Ergebnislose Rettungsversuche der Armee endeten mit einem Helikopter-Absturz. Von all dem wussten wir damals nichts und wunderten uns nur, dass man uns all diese bürokratischen Steine in den Weg zu legen begann.
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Bambusbrücke über den Tamai River, unterwegs zum (vielleicht) höchsten Berg Südostasiens. © Cory Richards

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Wie verlief danach der Trekk durch den Dschungel?

Vier Tage lang ging es zunächst im strömenden Regen mit Motorrädern in die Hügel und Vorberge. Dabei hatten wir einen Unfall, bei dem sich ein paar von uns Schnitte und Beulen holten. Für all diese Schwierigkeiten fühlte ich mich auch irgendwie verantwortlich und noch bevor der Trekk richtig losging, nagten bereits Zweifel an meinem Selbstbewusstsein.

Während des wochenlangen Trekks durch den Dschungel fanden wir nicht genügend Träger und bald mussten wir Proviant und Material zurücklassen. Dafür zerschnitten uns scharfe Bambus-Strünke und dorniges Buschwerk die Füße. Von den Blutegeln und Schlangen ganz zu schweigen. Schließlich litten wir Hunger und eine seltsame gruppendynamische Abwärts-Spirale nahm ihren Lauf.

Team Myanmar nach der Expedition zum Hkakabo Razi: V.l.n.r.: Renan Ozturk, Mark Jenkins, Cory Richards, Emily Harrington und Hilaree Nelson. © Taylor Freesolo Rees


Und das alles noch bevor das Team den Fuß des Hkakabo Razi (5881 m oder 5779 m) erreichte?

Als wir das erste Camp am Berg einrichteten, waren wir bereits am Limit, körperlich und mit den Nerven. Hkakabo Razi schenkte uns nichts. Unser Gipfelteam (Mark Jenkins, Renan Ozturk und Cory Richards; Anm.) musste einen Kilometer vor dem Hauptgipfel umkehren, da der Verbindungsgrat von zu vielen Gendarmen (Felstürme; Anm.) gesäumt war.

Das schlimmste aber war, dass Mark offensichtlich seinen eigenen Film während der Besteigung laufen hatte. Er schloss kurzerhand mit Renan und Cory eine Front gegen mich und wollte mich nicht im Gipfelteam mit dabei haben.
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Konnte Mark deine Entscheidungen als Leiterin der Expedition nicht akzeptieren?

Ganz im Gegenteil – er hatte er auf dem Anmarsch meine Position als Leader der Expedition übermäßig häufig betont: ‘Ja, klar, Hilaree, wir machen alles so, wie du meinst. Du bist der Leader!’ Doch nach seiner Vorstellung blieb der Leiter einer klassischen Expedition im Basislager, während die besten Männer sich in den Kampf um den Gipfel warfen. Diese Vorstellung war aus den 1950er-Jahren, geprägt von einer Mentalität des Krieges, nach dem Motto „Mann gegen Berg“ und sie beinhaltete schon gar keine Frau.

Auch in seinem Bericht über unsere Expedition für NatGeo schrieb er über eine „Bruderschaft des Seils“. Das war ein massiver Vertrauensbruch, auch meine bergsteigerischen Fähigkeiten betreffend. Danach war es mit den Schwingungen im Team so gut wie vorbei.

Zudem hatten wir unsere Mission nicht erfüllt und noch drei Wochen Rückmarsch durch den Dschungel vor uns. Alles wieder retour, Schlangen, spitzer Bambus und der ganze Rest; zum Essen nur noch schmale Rationen Reis und Brennnessel-Suppe. Als wir in Mandalay ankamen, sahen wir aus wie Skelette.
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Down To Nothing (Dokumentation)

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The Leader Steps Down (Expeditions-Footage)

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Wie geht es einem, wenn man nach so einer monatelangen Strapaze wieder zu Hause ist?

Ich wollte mich ganz aus dem Profisport zurückziehen, nie mehr auf Expedition gehen und fühlte mich komplett ausgelaugt. Nicht mal mehr zum Skifahren wollte ich rausgehen. Und das heißt was! Mittlerweile bin ich aber wieder obenauf, wie die Befahrung des Lhotse-Couloir zeigt.
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Mittlerweile bist du auch Captain des globalen Athleten-Teams von The North Face. Wie hast du dich dorthin entwickelt?

Ab Spätsommer 2017 brachte ich gemeinsam mit meinem Vorgänger Conrad Anker (amerikanischer Alpinist, *1962; Anm.) eine Art Übergangsperiode hinter mich, in dem wir beide uns die Aufgaben teilten. Das hat mir geholfen, in die Position hineinzuwachsen. Seit April 2019 bin ich alleiniger Team-Captain. Ich kann es auch noch gar nicht richtig glauben. Ich meine, Conrad ist seit 35 Jahren im Global Athlete Team und ich werde seit 20 Jahren von The North Face gesponsert – ich heiratete, während ich im Team war, bekam Kinder und ließ mich wieder scheiden (Hilaree hieß bis vor wenigen Monaten noch O’Neill; Anm.). The North Face ist einfach ein fixer Begleiter meines Daseins.
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Zugspitze: Hilaree gilt als eine der extremsten Skifahrerinnen der Welt, hier in den bayrischen Alpen. © Christian Pondella

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Die Spitzensportler, die bei The North Face unter Vertrag stehen, sind als Typen sehr unterschiedlich und beinahe wie eine Abordnung von Jedi Rittern zusammengestellt. Was macht The North Face als Atheleten-Team für dich einzigartig?

Ich finde das Team in vielerlei Hinsicht einzigartig. The North Face bietet seinen Athleten seit 1966 Gelegenheit, in die Welt hinauszugehen, Erfahrungen zu sammeln und mit den Besten der Besten aus Forschung und Fotografie zusammenzuarbeiten.

Du kannst zum Beispiel wie Emily Harrington mit Anfang 20 eine erfolgreiche Sportkletterin in der Halle sein und dich nach und nach in eine andere Richtung entwickeln: in Emilys Fall das Höhenbergsteigen. Sie war jetzt schon dreimal mit mir auf Expedition zu den Weltbergen: Everest, Hkakabo Razi und Makalu. Vom Cho Oyu ist sie mit Skiern abgefahren. Das hat mit Wettkampfklettern an Plastikwänden rein gar nichts mehr zu tun. Inzwischen hält sie TED Talks und ist selbst ein Mentor für jüngere Sportlerinnen im Team.

Dabei lernt man Dynamiken im Team einzuschätzen, präzise zu kommunizieren und in gewisser Hinsicht Vorbild zu sein. Auch moralisch. Das Kompliment mit den Jedi nehme ich daher gern an (lacht).
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Wie wichtig ist es für dich, auf deinen Expeditionen andere Kulturen kennenzulernen?

Ganz essenziell! Ich wollte immer schon viel reisen, bin aber eine ganz schlechte Touristin. Dadurch, dass wir auf unseren Ski-Trips mit Einheimischen oft wochenlang in einem Base Camp am Ende der Welt verbringen, sehen wir uns gegenseitig auch anders, als bloß in einer Klient-Gastgeber-Konstellation.

Beeindruckend fand ich das Fest des Pferdes, das von den Nachfahren der Khampa-Krieger auf dem Tibetischen Plateau gefeiert wird. Dort wird mit einer mir bislang unbekannten geistigen Intensität die tiefe Verbundenheit der Menschen mit ihren Reittieren gefeiert.

Unvergesslich ist mir auch unser Adlerjäger in der Mongolei, der das Team mit Frischfleisch versorgte. Ich erinnere mich dabei an unsere Frauen-Expedition im Altai-Gebirge. Die mongolischen Träger, die uns an den Fuß der Berge brachten, lachten sich ins Fäustchen, als wir auf unseren Skiern starteten: Fünf Frauen alleine am Berg, wo sollte das hinführen? Als wir nach dem Gipfelgang wieder zurückkamen, hatten sie Hochachtung vor uns und köpften gleich ein paar Flaschen Wodka zur Feier des Tages.
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Cold Smoke: Perfekter Powder-Tag in Colorado © Kristofer Noel

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Was können wir wohlstandsverwöhnten Westler zwischen Starbucks-Latte und Netflix-Marathon von den Orten der Wildnis lernen, in die du dich begibst?

Was wir in der Wildnis besser kennenlernen können, als sonst wo, das sind wir selbst.

Wie du mit einer unerwarteten Situation umgehst, für welche von zwei oder drei Optionen du dich entscheidest und warum. Dort draußen bist du Teil eines Teams, trägst etwas zum Erreichen einer Tagesetappe bei, du erfährst Sinn im Tun, lernst zu überleben, ganz im Hier und Jetzt zu sein. Du berührst und spürst die Felsen, das Eis, den Boden, auf dem du stehst und musst einschätzen ob er dich trägt. Du baust Vertrauen zur Erde auf.

In den Staaten und auch in Europa und China gibt es mittlerweile eine regelrechte Epidemie der Einsamkeit, der Depressionen und Neurosen. Das hat bestimmt mit der Entfremdung von der Natur zu tun, zu der wir ja als große Säugetiere auch gehören. Ich will hier keine Reden à la „Und wenn der letzte Baum gefällt und der letzte Fisch gefangen ist …“ schwingen, aber für mich ist das Ausmaß unserer Zivilisationskrankheiten schon ein klarer Hinweis dafür, dass wir uns gefährlich weit von der Natur entfernt haben.
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Freut es dich in diesem Zusammenhang, dass derzeit Filme und Dokus über die Natur wieder groß angesagt sind?

Ja, absolut! Ich freue mich enorm, dass etwa Free Solo gerade den Oscar gewonnen hat, oder The Dawn Wall erfolgreich läuft. Das sind filmische Erzählungen, die sich mit der Verbindung zwischen dem menschlichen Geist und der Schöpfung auseinandersetzen.

Wir dürfen die Verbindung zu den Wolken, zum Wasser, zum Schnee, zum Dreck nicht verlieren. Andernfalls verkümmert etwas Entscheidendes in uns. In diesem Sinn haben auch Firmen der Outdoors-Industrie eine wichtige Vorreiterrolle inne, denn sie bringen diese Erzählungen wieder unter die Leute und inspirieren sie, selbst rauszugehen und das Abenteuer zu finden.
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© Chris Figenshau

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Links:

Clip: The North Face Athlete Profile

Clip: Hilaree Moves Mountainsxxxx

Podcast: ROAM from Home

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www.hilareenelson.com

www.hilareenelson/instagram

www.thenorthface/instagram

www.nationalgeographic/instagram

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Update: Hilaree kam am 26. September 2022 ums Leben, als sie bei der Skiabfahrt vom Manaslu-Hauptgipfel (8163 m) von einer selbstausgelösten Sluff-Lawine mitgerissen wurde und mehr als 1800 Meter über die Südwestwand abstürzte. Sie hinterlässt ihren Partner Jim Morrison und ihre beiden Söhne aus erster Ehe, an die meine Gedanken und mein großes Bedauern gerichtet sind.
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